Mit Blick auf die aktuelle internationale Sicherheitslage gefährdet der Bundesrat mit der Ablehnung der Service Citoyen-Initiative ohne Gegenvorschlag unser Verteidigungssystem. Wir hoffen auf ein weitsichtiges Parlament.
Medienmitteilung: Der Bundesrat verpasst die Chance, der Bevölkerung eine echte Reform vorzulegen – und lehnt die Service Citoyen-Initiative ab
Der Schweizer Verein zur Förderung des Milizengagements nimmt mit Bedauern den Entscheid des Bundesrates zur Kenntnis, die eidgenössische Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Initiative Service Citoyen-Initiative)» abzulehnen, ohne ihr einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Im aktuellen internationalen Kontext, mit Blick auf die zusätzlichen Mittel, die das Parlament zu bewilligen bereit ist, und dem Wunsch der Bevölkerung nach einer Reform des Dienstpflichtsystems, ist dies eine klar verpasste Chance, die unser Verteidigungssystem in Gefahr bringt.
Eine vorhersehbare, aber mit Blick auf die aktuelle Sicherheitslage bedauerliche Entscheidung Der Entscheid des Bundesrates, der der Meinung seines Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) folgt, ist keine Überraschung. Seit Jahren weicht das Departement inhaltlichen Fragen aus, ignoriert den gesellschaftlichen Wunsch nach einer Reform des Dienstpflichtsystems und konzentriert sich lediglich auf Analysearbeiten zur Erhaltung der aktuellen Armee- und Zivilschutzbestände, ohne Ambitionen, auch zivile Einsätze einzubinden. Für das VBS soll die Zukunft des Dienstpflichtsystems in der Schweiz vor allem eine Bedarfsoptimierung sein, ohne Rücksicht auf die sich verändernden Sicherheitsbedürfnisse.
Dass der Bundesrat keinen Gegenentwurf zur Service Citoyen-Initiative vorschlägt, ist aus Sicherheit und politischer Sicht völlig unverständlich und zeugt von einem gravierenden Mangel an Antizipation und Weitsicht seitens der Bundesverwaltung. Das Parlament hat nun die Möglichkeit, diese Chance zu nutzen, um die zusätzlichen Mittel mit einem echten Reformprojekt für das Dienstpflichtsystem zu verknüpfen und so die vergebenen Mittel gegenüber der Bevölkerung zu legitimieren. Wie uns die Vergangenheit und die aktuelle internationale Sicherheitslage lehren, erfordert eine echte Landesverteidigung die Beteiligung und Befähigung aller Bürgerinnen und Bürger in allen Bereichen der Sicherheit und der gegenseitigen Hilfe (wie es die Initiative will!), und nicht nur in den eintönigen Reihen bewaffneter Bataillone (wie es sich der Bundesrat ausmalt).
Eine verpasste Gelegenheit, von der Erhöhung des Verteidigungsbudgets zu profitieren Das Parlament hat die Notwendigkeit, mehr in die Sicherheit zu investieren, erkannt und beschlossen, die Verteidigungsausgaben schrittweise zu erhöhen, um bis 2030 1% des BIP zu erreichen. Da das VBS keinen Gegenvorschlag vorlegen kann, verpasst es einmal mehr eine goldene Gelegenheit, diese neuen Mittel für ein stimmiges Sicherheitsreformprojekt einzusetzen. Die Service Citoyen-Initiative macht das Milizsystem mit Weitsicht und über den Tellerrand hinweg fit für künftige, multidimensionale Herausforderungen wie Pandemien, Kriege, Klimakrise, Polarisierung der Gesellschaft, Unterversorgung, Gewalt, und Vereinsamung.
Eine sexistische und rückwärtsgewandte Entscheidung am Internationalen Frauentag Das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen? Die Medienmitteilung des Bundesrats, dass er die Initiative, die Frauen gleichberechtigt in die Milizinstitutionen integrieren will, vorbehaltlos ablehnt, kommt just zum internationalen Frauentag. Diese blinde Aufrechterhaltung der Geschlechterdiskriminierung steht in völligem Widerspruch zur gesellschaftlichen Entwicklung und ist eine Missachtung von Frauen, die genauso zum Engagement fähig sind wie Männer. Zur Erinnerung: Die Bundesrechtsprechung rechtfertigt diesen Sexismus weiterhin, indem sie davon ausgeht, dass Frauen im Allgemeinen «aufgrund physiologischer und biologischer Unterschiede» für den Militärdienst als weniger gut geeignet erachtet werden als Männer (BGer 2C_221/2009, Urteil vom 21. Januar 2010, E. 6).
Die Initiative will mit Stereotypen aufräumen – Männer können genauso gut im Care-Bereich dienen wie Frauen in der Armee – und an die historischen Ansprüche des Feminismus in der Schweiz anknüpfen (z.B. Meta Von Salis-Marschlins, Emilie Kempin-Spyri), für die gleiche Rechte und Pflichten von zentraler Bedeutung waren. Das nationale Engagement neu zu begründen und dabei Frauen und Personen einzubeziehen, die heute für untauglich erklärt werden, ist ein Gewinn sowohl für die Betroffenen als auch für die Milizinstitutionen und unsere Gesellschaft im Allgemeinen.
Fortsetzung folgt
Der Bundesrat wird bis spätestens 16. Oktober 2024 seine vollständige Botschaft an die eidgenössischen Räte übergeben und ihnen vorschlagen, die Initiative ohne jegliche Form von Gegenvorschlag abzulehnen. Danach wird sich das Parlament mit der Frage befassen, und wir hoffen, dass es weitsichtiger sein wird als die Militärbürokraten des Bundes. In jedem Fall werden wir alles daran setzen, dass eine echte demokratische Debatte über die Zukunft des Milizengagements in der Schweiz und die Aktualisierung unserer beliebten Schutz- und Hilfsorganisationen stattfinden kann.
Zur Initiative Die Service Citoyen-Initiative will, dass jeder junge Mensch einen zeitgemässen Einsatz für Gemeinschaft und Umwelt leistet (und nicht nur junge fitte Schweizer Männer in der Armee). Beispielsweise beim Pflegen von sturmgeschädigten Wäldern im Zivilschutz, als Rettungssanitäterin in der Armee oder bei der Arbeit mit suchtgefährdeten Jugendlichen im Zivildienst. Der Bestand der Kriseninterventionsdienste (wie Armee und Zivilschutz) ist dabei garantiert.
Der Service Citoyen ist eine wichtige Reform für die Zukunft unserer Gesellschaft und den sozialen Zusammenhalt im Land – und ist bei der Bevölkerung beliebt. Laut dem Generationenbarometer des Meinungsforschungsinstituts sotomo befürworten 74% der Bevölkerung (über alle Parteisensibilitäten hinweg) einen Service Citoyen für alle.
Über den Verein
Der gemeinnützige Verein Service Citoyen setzt sich mit Herzblut für die Stärkung des Milizgedankens und des bürgerschaftlichen Engagements ein. Es geht darum, die typisch schweizerische Selbstverständlichkeit zu revitalisieren, dass jede Bürgerin und jeder Bürger, neben- oder ehrenamtlich öffentliche Ämter und Aufgaben übernimmt. Der Verein kennt keine parteipolitische Zugehörigkeit und verfolgt keine kommerziellen Ziele.
Kontakt für Medienanfragen Noémie Roten, Geschäftsleiterin Schweizer Verein zur Förderung des Milizengagements, Präsidentin Initiativkomitee, +41 76 498 34 45, noemie.roten@servicecitoyen.ch
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